Herbst-Tagundnachtgleiche früher und heute?!
Eine Umdeutung durch die Kirche hat bei der Herbst-Tagundnachtgleiche nicht stattgefunden, was auch nicht nötig war. Denn es war kein sexuell motiviertes Fest und es gab auch keinen Bezug zu den Ahnen. Allerdings haben sich die Strukturen in unserem Leben geändert:
Zu jeder Zeit gefüllte Supermarktregale und der Zugriff auf Nahrungsmittel aus aller Welt erschweren die gedankliche Rückkopplung, dass all dies von Mutter Natur kommt. „Ernte-Dank“ zu empfinden oder gar zu feiern, scheint überflüssig zu sein oder verkommt zu Festivitäten, in denen lediglich das üppige Essen und Trinken im Mittelpunkt stehen, jedoch kein Empfinden von Dank damit einhergeht. Zudem bewegen wir uns in einer Diät-Kultur, die ebenfalls deutlich macht, dass Essen bzw. die Nahrung nicht mehr existenziell, sondern zu einem Gesundheitsproblem mutiert ist.
Wie also die Herbst-Tagundnachtgleiche begehen ohne verromantisierte Ernte- und Essensdank-Rituale?
Die früheren Erntedanke-Rituale docken kaum mehr in unserer Seele an. Sie versteht sie nicht. Denn sie muss ja Überfluss händeln: Beim Essen, beim Blick in den Kühlschrank, im Supermarkt. Die wenigsten von uns kochen noch ein und fermentieren (auch wenn's grad Trend ist). Wird der Gärnter in einem super Erntejahr mit Obst in Hülle und Fülle beschenkt, hört man ihn oft eher stöhnen über die viele Arbeit, die mit dem Ernten und Verarbeiten verbunden ist, als dass er sich in Dankeshymnen ergeht. Obst-Abnehmer zu finden, scheint für manche oft gar nicht einfach, außer für Produkte in bereits verarbeiteter Form.
Es geht also darum, den Dank für Ernte und Essen anders aufzuziehen und eine Anpassungsleistung zu erbringen an die aktuelle Situation bezüglich Nahrung und Essen!
Vielleicht sollten wir diesen Zeitpunkt im Jahr mal nutzen, um zu schauen, welche Art von Nahrung wir zu uns nehmen:
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Ist es vorwiegend hochindustriell verarbeitete Nahrung ohne jegliche Information der Elemente wie Feuer (Sonne), Wasser (Regen), Luft (statt Gewächshaus), Erde (statt künstlichem Substrat)?
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Was horten wir im Kühlschrank? Wird alles verbraucht? Viel auch weggeworfen? Wie gehe ich mit Essen, mit Nahrung um?
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Was und vor allem welche Art von Nahrung brauche ich wirklich?
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Was ist mir persönlich ESSEN wert? Welchen Stellenwert im Sinne von Qualität hat es in meinem Leben? Wofür gebe ich viel lieber mehr Geld aus als für Essen?
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Wo kaufe ich mein Essen, meine Nahrung ein?
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Esse ich wirklich "lebendige" im Sinne von natürliche LEBENSmittel?
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Wem kann ich dankbar sein, dass er für mich qualitativ hochwertige Nahrung produziert und liefert?
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Von wo kommt meine Nahrung? Kann ich sie bis zum Ursprung zurückverfolgen?
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Wie könnte ich mein Verhalten bezüglich Essen, Nahrung, Ernährung optimieren, aufmerksamer, bewusster sein?
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Welchen kleinen, ersten Schritt könnte ich in Richtung Veränderung gehen in den nächsten 4 Wochen?
Diese Art von Fragen, wenn auch womöglich kritisch anmutende an der einen oder anderen Stelle, gäbe einem Jahreskreisfest wie der Herbst-Tagundnachtgleiche einen aktuellen Bezug und einen Impuls zur Veränderung. Denn das sollten sie sein, die Jahreskreisfeste: Positive Impulse mit aktuellem Lebensbezug, die sich gerne ausbreiten dürfen im gemeinsamen Zusammensein, Nachdenken, Reden, Feiern.
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